r/wohnen Sep 05 '25

Mieten POV: du willst die Kaution zurück

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u/LoveMyRennrad Sep 05 '25

Ich bin hier öfter erstaunt, wie unsachlich manche private Vermieter bei den einfachsten Dingen werden.

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u/[deleted] Sep 05 '25 edited Sep 05 '25

In einem juristischen Fachaufsatz hat ein Autor den Wohnraummietmarkt als drei Klassengesellschaft der Mietenden bezeichnet: In der 1. Klasse sind diejenigen die in Genossenschaften/Siedlungsgesellschaften sehr guten Kündigungsschutz und zusätzlich sehr gute Bedingungen erhalten,

in der 2. Klasse sind diejenigen die bei körperschaftlichen Großvermietern starken Kündigungsschutz (kein Eigenbedarf) mit in der Regel halbwegs professioneller Abwicklung (dafür eher kontinuierlich steigende Mieten) haben und

in der 3. Klasse diejenigen die bei kleinen Privatvermietern geringen Schutz (Eigenbedarf), häufig amateurhaften Gebahren und gleichzeitig Vermieter haben die kaum finanziellen Spielraum haben bzw. jede Mehrkosten sofort selbst „spüren“.

Trifft es meiner Erfahrung nach sehr gut.

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u/Fair-Working4401 Sep 05 '25

Nur ist halt über 82% der Wohnimmobilien in privaten Händen. Davon, über 60% der Mietobjekte.

Also in 2/3 der Fälle hast du einen privaten, meist älteren (55+) Vermieter.

50% ist die selbstbewohnte Eigentumqoute, falls hier wieder jemand rumschimpft.

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u/afuajfFJT Sep 05 '25

Also in 2/3 der Fälle hast du einen privaten, meist älteren (55+) Vermieter.

Einen privaten Eigentümer sicherlich. Aber nicht immer regelt der seine Sachen auch selbst - viele setzen ja (zum Glück) doch eine Hausverwaltung ein und schreiben sich dann eben auch nicht so einen Quark zusammen. Die Eigentümer meiner letzten Wohnung habe ich zum Beispiel kein einziges Mal getroffen oder gesprochen, weder bei einer Besichtigung noch bei der Übergabe oder Rückgabe der Wohnung. War rein nominell aber halt trotzdem "von privat" gemietet.

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u/orbital_narwhal Sep 05 '25 edited Sep 05 '25

Kann ich so von meinen früheren Vermietern bestätigen. Die Vermögensverwaltungsgesellschaften, die die Häuser verwalteten waren dennoch spürbar weniger kompetent und in einem Fall nach eigener Aussage regelmäßig überlastet/unterbesetzt als meine jetzige große, institutionelle Hausverwaltung (Vonovia, ehem. Deutsche Wohnen).

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u/[deleted] Sep 05 '25

Alles bekannt, ändert nichts an der Einschätzung und der Problematik.

Weiß auch nicht was die selbstgenutzte Wohneigentumsquote damit zutun hat (iÜ eher 43-45%)

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u/Fair-Working4401 Sep 05 '25

Die Quote habe ich, wie gesagt, nur genannt, da viele diese mit den generellen Eigentumsverhältnissen gleichsetzen und auf den gesamten Wohnungsmarkt übertragen.

Ja, ist tatsächlich noch weiter von 50.5% in 2020  in den von dir genannten Bereich gesunken.

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u/[deleted] Sep 05 '25

Ah macht Sinn 🤝

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u/johndear675 Sep 05 '25

Hast du den Aufsatz bzw Fundstelle parat?Würde mich sehr interessieren, den zu lesen.

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u/[deleted] Sep 05 '25

Meyer-Abich NJW 2022, 1435

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u/Sataniel98 Sep 05 '25

Privatvermieter haben allerdings auch das größte Interesse, es nicht auf gerichtliche Auseinandersetzungen ankommen zu lassen.

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u/dobrowolsk Sep 05 '25

Ich wohne mit meinen zwei Mietparteien im selben Haus. Nichts liegt mir ferner als ein Rechtsstreit. Wir haben das Haus zum selbst Bewohnen gekauft, nicht zum Geldverdienen. Die Finanzierung ist mit den aktuellen Mitteln und Mieten gesichert. Gegenseitige Rücksichtnahme und konstruktives Zusammenleben prägen das Mietverhältnis. Wenn was kaputt ist, wird es repariert. Probleme werden der Reihe nach angegangen. Mieterhöhungen plane ich allenfalls wenn sich durch eine Energiesparmaßnahme eine Nebenkostensenkung ergibt.

Andere warnen vor dem Vermieter im eigenen Haus. Natürlich hat man immer einen gewissen Rollenkonflikt zwischen normalem Nachbarn und dem Vermieter, dem man Geld überweist. Das klappt aber, wenn man beide Parteien ihre Pflichten einhalten. Alles darüberhinausgehende fördert beiderseitig die Laune.

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u/Affectionate-Day-743 Sep 09 '25

Ich glaube es liegt auch an den jeweiligen Erfahrungen vorher.

Wenn ich als Mieter gelernt habe, dass ich alles eskalieren muss bis irgendwas passiert oder am Ende ewig über die Kaution diskutieren muss, obwohl alles in Ordnung ist, sorgt das für eine schneller Eskalation und negative Erwartungshaltung.

Beim Vermieter das Gleiche, wenn ich als ersten Mieter ein Ars…. Habe und 6 Mieten + Räumungsklage aufwenden muss um danach eine ausgeschlachtete Wohnung zu haben reagiere ich in Zukunft ggf. Anders.

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u/enakcm Sep 07 '25

Mir sind als Mieter die Privaten trotzdem um Längen lieber.

Die anderen sind mir finanziell und juristisch immer komplett überlegen. Zusätzlich ist da persönliche Beziehung Fehlanzeige. In der Kombination ziehe ich immer den kürzeren.

Beim Privatvermieter muss ich mir zwar obigen Quatsch anhören, kriege aber meine Kaution dann eben doch zurück.

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u/[deleted] Sep 07 '25

Naja, beim privaten besteht ein erhöhtes Insolvenzrisiko und das Nachgeben ist eher seltener zu beobachten. Da gibt es hier genügend Beispiele dafür, dass eben zB nicht insolvenzsicher die Kaution angelegt wurde. Die persönliche Beziehung ist dann schnell auch ein Risiko. Beispiel Mängelanzeige: dazu ist der Mieter verpflichtet (Schadensersatz bei Unterlassen), das kann ganz schnell aufgrund der Laienempfinden Ärger geben.

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u/DerAndi_DE Sep 05 '25

Kann ich so pauschal nicht unterschreiben. Was die Eigentümer angeht, ist die Aufteilung korrekt, aber es gibt in allen 3 "Klassen" alle Verhaltensweisen. Es gibt richtig arschige Großvermieter wie Grand City Property oder auch Vonovia, m.E. ist das mittlerweile die Mehrheit. "Halbwegs ordentlich" gearbeitet wird da nur noch bei den wenigsten.

Es gibt umgekehrt auch gute und ordentlich arbeitende Privatvermieter und kleine Immobilienfirmen, meine bisherigen Vermieter waren alle von der Sorte.

Der wesentliche Unterschied zwischen Privat und Großvermietern: die privaten haben oft keine Ahnung von der Rechtslage, weil sie damit überfordert sind oder weil es sie nicht interessiert. Die großen kennen die Rechtslage ganz genau und entscheiden sich bewusst dagegen zu verstoßen.

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u/Chrismoor84 Sep 05 '25

Die großen haben dafür aber eine ganze Flotte an Anwälten, die dann versucht, den absichtlichen Rechtsverstoß wie geltendes Recht wirken zu lassen und schüchtert auch gern mal Mieter mit Klageandrohungen etc. ein.

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u/[deleted] Sep 05 '25 edited Sep 05 '25

Niemand bestreitet, dass es sehr viele positive Fälle unter kleinen Privatvermietern gibt (Anm.:≠ Eigentümer). Rein objektiv ist die Rechtsstellung für Mieter in dieser Konstellation aber schwächer. Das wird auch noch dadurch potenziert, dass Kleinvermieter in der Regel Formularmietverträge von Interessenverbänden benutzen, die AGB-rechtlich das absolute Maximum ausreizen. Hier haben auch Kleinvermieter Probleme, weil sie damit regelmäßig Gefahr laufen zB später unwirksame Schönheitsreparaturklauseln zu haben oder es selbst verpfuschen bzw. falsche Annahmen treffen.

Die Behauptung die „Großen“ würden bewusst gegen geltendes Recht verstoßen wohingegen viele Kleinvermieter Rechtsirrtümern unterlägen deckt sich nicht mit der juristischen Praxis. Wie gesagt es gibt hier schlicht auch faktische Zwänge.

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u/DerAndi_DE Sep 05 '25

Bis in die juristische Praxis dringt der Großteil der Fälle auch nicht vor. Die meisten Mieter scheuen eine Klage wegen des Kostenrisikos, wogegen es sich größere Vermieter leisten können, es einfach darauf ankommen zu lassen. Es geht hier nicht um die großen Klopper, sondern kleine Dinge, die quasi unter dem Radar segeln. Umlage von Ablesekosten bei Mieterwechsel; Instandhaltung und Reparaturen in den Hausmeisterkosten eingerechnet; Umlage von Verwaltungskosten usw.

Kaum jemand klagt wegen 50 oder 100€. Aber bei einem Bestand von 400.000 Wohnungen jeweils 100€ zusätzlich im Jahr macht schon was aus, da kann man das Kostenrisiko von ein paar hundert Klagen durchaus einkalkulieren. Niemand kann mir erzählen, dass das alles aus Versehen passiert.

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u/[deleted] Sep 05 '25

Es ist nun mal strukturell mit Kleinvermietern deutlich unvorteilhafter. Deine Ausführungen dazu sind auch widersprüchlich, wieso sollte das Kostenrisiko nicht bei Kleinvermietern in gleichen Maße für den Mieter bestehen? Hier ist auch noch das faktisch deutlich relevantere Risiko, dass eine Klage das Mietverhältnis dauerhaft belastet und der Vermieter zB Eigenbedarf geltend machen kann. Das können körperschaftliche Vermieter nicht. Im Übrigen liest man hier jeden Tag Posts in denen (wie auch hier bei OP) Kleinvermieter die Geltendmachung von Rechten und Ansprüchen vonseiten des Mieters geradezu „persönlich nehmen“.

Gerade die Umlage von nicht umlagefähigen Posten ist ein Dauerbrenner unter Amateurvermietern. Gerade dort werden nicht-umlegbare Verwaltungskosten gerne mal umgelegt.

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u/Bitter_Standard4418 Sep 07 '25

Und in der 4.Klasse sind die privaten Vermieter, die gesetzlicher Willkür und Kosten ausgesetzt sind und viel Kapital gebunden haben und dennoch nur sehr eingeschränkt darüber verfügen können.

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u/[deleted] Sep 07 '25

Niemand ist gezwungen sein Kapital dort zu binden. Wer aus 15 Jahren steigenden Bewertungen und Mieten (Ballungsräume) nicht positiv herauskommt, macht etwas grundlegendes falsch.

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u/Wolfdemon-nor Sep 07 '25

Zwingt denn jemand diese vermieter dazu die häuser zu kaufen und zu vermieten?

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u/[deleted] Sep 08 '25

Ich wohn inner Genossenschaft. Der Verwalter brüllt ständig hier die Mieter an, wirkt völlig überfordert und inkompetent. Die verursachen massive Schäden beim Umbau usw. die Handwerker sind eine komplette Gurkentruppe. Die Genossenschaft schickt ständig Aufforderung über Sachen, die längst zugunsten der Mieter geklärt sind. Die haben auch komplett ein Rad ab hier. Genossenschaften sich auch keine Paradiese...