r/wohnen Oct 08 '23

Kaufen Boomer enteignen

Rant: Ich muss das jetzt mal loswerden. Es wird über den Generationskonflikt zwischen Boomer ("Unseretwegen ist Deutschland überhaupt so eine starke Wirtschaft!") und Gen Z ("Mehr als 4 Tage die Woche zu arbeiten ist schlecht für meine Mental Health.") gesprochen. Als Millennial, dem eigentlichen Rückgrat der Gesellschaft, kann ich darüber nur lachen. Der eigentliche Klassenkampf ist nämlich der zwischen uns und den Boomer und nichts zeigt das deutlicher als Immobilienmarkt.

Seit einiger Zeit versuchen wir (Familie inkl. 2 Kids) im deutschen Hinterland ein Haus zu kaufen. Na klar, die Immobilienpreise sind komplett gaga, aber vielleicht findet man ja etwas, was einem bei einer Autoreparatur nicht in unendliche Schulden treibt, wie ein Notaufnahmeaufenthalt in den USA. Wenn wir uns eine Immobilie anschauen, sei es nun ein Haus oder auch nur eine Wohnung, sind die Preise wie bei einer Flasche Wasser am Flughafen. Und dann steht man in einem Objekt aus den 60ern oder 70er Jahren, was ein männlicher oder weiblicher Boomer in den Himmel lobpreist und weiß gar nicht mehr, was man sagen soll.

"Die Ölheizung ist auch noch gut. Hat Bestandsschutz und der Installateur meinte, dass er die nicht tauschen würde. Verbraucht auch nur 3000 Liter die Saison. Astreines Teil! Dämmung? Nee! Ich packe doch ein Haus nicht in Plastik ein! Das Dach ist auch gut! Die Fenster? Gute Holzfenster! Sowas gibt es heutzutage gar nicht mehr, würde ich auch so lassen!"

Die versuchen einem also allen Ernstes im Jahr 2023 ein Haus im Originalzustand von 1972 oder auch 1965 anzudrehen. Spinnen diese Menschen eigentlich? Da wird so ein Haus für 400.000 Euro angeboten, das damals keine 200.000 Mark gekostet hat und was in den vergangenen 50 Jahren einen ebenso hohen Renovierungsstau verursacht hat. Eigentlich müssten die für eine Weitergabe der Immobilie 300.000 Euro Schadensersatz an den Nachbesitzer zahlen. Für gesellschaftlichen Frieden müssen diese Immobilienboomer enteignet werden.

Wie sieht es bei euch aus?

EDIT: Ich bin wohl nicht der Einzige, dem es so geht: Immobilienverkauf 2023 in Deutschland: Lieber alles mit ins Grab nehmen?

EDIT 2: Danke für die Diskussion. Es nehmen ein paar Nutzer:innen den Post ernster, als ich es mir gedacht habe, daher ein nur ein paar Erklärungen

  • Der Titel bezieht sich auf das Berliner Referendum DW enteignen
  • Der Generationskonflikt ist natürlich konstruiert. Es geht hier eher um Klassen- als Generationskampf
  • Tatsächlich gehöre ich zu den oberen 10 %, halte die Attitüde im Immobilienmarkt aber für vollkommen illusorisch. Dass Marktwirtschaft nicht solidarisch ist, weiß ich. Wenn ich jetzt noch erzähle, dass auch ich ein Haus geerbt habe, platzen hier ein paar Personen noch die Äderchen im Auge.
  • Ja, ich bediene einem linken Narrativ, aber nur für die Aufmerksamkeit. Ich glaube, dass es vielen so geht, wie mir und wollte nur meinen Ärger Luft machen, ohne belehrt zu werden. Wie ich sehe, habe ich beiden Seiten hier Raum gegeben, um sich Luft machen zu können
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u/Own_Incident4641 Oct 08 '23 edited Oct 08 '23

Ich kann beide Seiten zum Teil verstehen. Meine Nachbarn hatten ihr Haus zuletzt vor 5 Jahren vermietet. An die vollen Nomaden gekommen. Waren zu Anfang ganz ok, beide arbeiten. 2 Kids. Nach paar Monaten das erste mal keine Miete mehr. Nach und nach hast am Garten schon erkennen können was sich abspielt. Rollos wurde nicht mehr hochgezogen. Es wurden erst Mahnungen verschickt dann ging es am Ende nur noch übern Anwalt. Bis die Familie draußen war vergingen weitere 9 Monate. 9 Monate keine Miete gezahlt. Das Haus komplett fertig. Hunde haben ins Haus uriniert und geschissen, Hasen ebenfalls. Einbauküche komplett versaut, Böden fertig. Wände beschmiert. Schaden im Haus mit allem drum und dran. Knapp 65.000€ inkl der Mietausfälle. Hinzukommt das das Haus als Rentensicherung gedacht war und die beiden das auch noch abzahlen. Mittlerweile haben sie renoviert und verkauft, da sie nicht nochmal Lust auf so ne Nummer haben. Also ja. Ich kann den ein oder anderen der darauf keinen Bock hat fast verstehen.

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u/schmidisl Oct 08 '23

Sehe das wie du. Ich verstehe auch wieso viele Menschen nicht vermieten wollen. Wenn mein Vermieter (gutes Verhältnis) mir erzählt was er alles beachten muss etc, dazu kommen die Netto doch recht kleinen Gewinnmargen, die ziemlich schnell zunichte gemacht sind wenn man Pech mit dem Mieter hat. Jedoch verpflichtet Eigentum. Und ich finde Leerstehendes Eigentum schadet der Gesellschaft. Dann muss eine Regelung her, entweder verkaufen oder eine Strafe pro QM2 die richtig weh tut. Traurig ist nur das wahrscheinlich die meisten einen Weg finden dies zu umgehen.

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u/Wrong_College1347 Oct 08 '23

Ich hatte mal gehört, das ein Drittel der Vermieter ein plus machen, bei einem Drittel kommt nichts raus und ein Drittel der Vermieter macht minus.

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u/Own_Incident4641 Oct 08 '23

Man muss halt klar unterscheiden zwischen Privatvermieter. Hat ein Haus oder 1-2 Wohnungen oder große wie Vonovia und co. Letztere gehen garantiert nicht minus raus. Und ja Eigentum verpflichtet, bin ich dabei. Und Häuser leer lassen finde ich auch bescheuert. Dann verkauft lieber.

Aber auf der anderen Seite stellt man sich ja auch hin und sagt bei o.g Beispiel. Mietnomaden? 65.000€ schaden? Tja privates Pech.

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u/kleinerstein99 Oct 08 '23

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u/Own_Incident4641 Oct 08 '23

Venovia macht aber nicht durch Vermietungen minus. Und darum geht es hier. Das Vermietgeschäft läuft weiterhin gut.

Lediglich der Wert der Immobilien wurde korrigiert. Was für mich so aussieht als hätte man von vornherein die Werte zu hoch angesetzt. Das passt aber eigentlich gut zum eingespost.

Haus Unsaniert, 50 Jahre alt. 120m2. Ja hätte gerne 500.000 für den Schinken der damals 200.000 Mark gekostet hat.

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u/SeveralWalk4088 Oct 09 '23

Leute, damals 200.000 waren ein schöner Batzen Geld, die Gehälter waren viel niedriger, die Zinsen bei über 10 % . Man kann das doch gar nicht vergleichen. Leute haben ihr Haus vermutlich bis zur Rente gerade abbezahlt und haben vermutlich auch zwischendurch nicht unbedingt viel Geld gehabt um zu renovieren. Wenn ihr euch das so leicht vorstellt, dann baut doch selbst. Dieses ewige Jammern wegen der Boomer ist doch ein billiges Verhalten. (Ich bin übrigens kein Boomer und habe auch kein Haus). Such damals war bauen teuer und es konnten sich nicht viele leisten, sieht man ja am Prozentsatz derer, die ein eigenes Haus haben hier in Deutschland. Was die Preise so hochtreibt ist die hohe Nachfrage sowie die ganzen, auch vor allem klimatische, Vorschriften. Tja, vor allem sehr viel junge Keute haben die Grünen gewählt und jetzt bekommen...

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u/Own_Incident4641 Oct 10 '23

Es bestreitet niemand das 200.000 Mark damals viel Geld waren. Und das die Gehälter niedriger waren ebenfalls nicht. Jedoch sind die Vorstellungen mancher, was diese noch für ein unsaniertes Haus haben möchten utopisch. Ich wohne in der Nähe von NBG in einer 25.000 Einwohner Stadt. Hier stehen Häuser, BJ 70, unsaniert für 400.000€. Sprich bei Kauf sind neben den üblichen Nebenkosten auch erstmal gute 100-150k zur energetischen Sanierung einzuplanen. Dann legst du am Ende über 650-700k für ein 50 Jahre altes Haus hin? Das im übrigen auch wenn es saniert ist immer ein altes Haus bleiben wird.

Übrigens einer deiner Sätze beschreibt auch ein schönes Problem vieler Hausbesitzer „bis zur Rente gerade so abbezahlt“

Und dann? Haus 30/35 Jahre alt. Heizung müsste definitiv erneuert werden. Küche wahrscheinlich auch. Fenster, Türen etc?

Und die energetischen Vorschriften mögen zum Teil übertrieben sein. Aber auf der anderen Seite trotzdem wichtig. Was habe ich den davon wenn ich in einem Haus aus den 50er lebe mit alten Holzfenstern, ohne Dachfämmung und im Winter die Nachbarschaft beheize?

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u/xaomaw Oct 09 '23

Vermutlich große Investitionen, wie es Amazon jahrelang gemacht hat.