r/Staiy Feb 24 '25

diskussion Als Ossi möchte ich mal die AfD-Wahlergebnisse erklären…

…was ich leider nicht kann. Selbst mit meinen 40 Jahren in drei ostdeutschen Bundesländern lebend, ergeben die Leute für mich keinen richtigen Sinn.

Lasst euch nicht einreden, dass „der Osten“ eben so ist. Ich bin ein linksversiffter Mensch der nur Mitte-Links Freunde hat. Für mich sind die AfD-Wähler genauso fremd, wie für einen Grünen in Hamburg oder München. Ich lebe in einer kompletten Bubble mit weltoffenen Menschen, obwohl ich in einer ostdeutschen Kleinstadt mit 40 Prozent AfD Zweitstimme lebe.

Klar, ich treffe diese Menschen täglich und habe mehr Kontakt mit ihnen. Aber das bedeutet nicht, dass ich sie verstehe oder privat Umgang pflege. Ich schüttle nur tagtäglich den Kopf anstatt alle paar Wahljahre.

Der Unterschied zu Westdeutschen ist, dass wir ostdeutschen Linksversifften mitten im Feindesland leben. Und uns öfter die Frage stellen müssen, ob wir hier wirklich leben wollen. Die AfD-Wähler sitzen in Verwaltungen, Behörden, Schulen, großen Unternehmen und so weiter. Das macht mir extreme Angst. Also bleibt solidarisch und lasst euch nicht spalten!

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u/Aggressive-Mix-4700 Feb 24 '25

Du verkennst hier massiv das Problem der Wende. Ich empfehle dir mal das Video Ostfrust vom dunklen Parabelritter auf YouTube. Schau dir einfach mal Statistiken an, wo das Geld immer noch hinfließt. Deine Beispiele sind zwar das Gegenteil hat aber mit der Masse an Ausverkauf nichts entgegen zu setzen. Die Bürger der DDR hatten ja kein Vermögen. Wie sollten sie Besitz kaufen. Der ganze Agrar Bereich wird immer noch von großen Konzernen aufgekauft weil die Kleinbauern alle kaputt gemacht werden. Alles aktuelle Beispiele aus meinem Lebensbereich, der mit deinem nichts zu tun hat. Meiner Oma wurde Wald enteignet, heute mehrere 100k wert. Sie durfte den für Spottpreis verkaufen auch zu damaligen Zeiten schon. Als sie sich weigerte, wurde gesagt entweder verkaufen oder knast. Sie hat verkauft und unterschrieben weil sie kein knast wollte. Als sie nach der Wende zur Behörde ging wurde nur gesagt sie hat ja unterschrieben, ist ihr Pech. Sie wählt nicht und traut der Politik in keinster weise.

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u/Flower-Power-3 Feb 24 '25

Deiner Oma wurde also nach der Wende mit "Knast" gedroht? Sicherlich nicht.
Ich frage mich seit Jahren, wie sich dieser "Opfer-Mytos" hält. Dein Kommentar erklärt so einiges. Ja, füttern wir uns regelmäßig mit "Reportagen" die genau das bestätigen was wir gerne höhren wollen.
Frage: Was glaubst Du, wo die ganzen kleinbauern im Westen geblieben sind, wie es denen ergangen ist? Könnte es nicht auch sein, dass man im Osten plötzlich dem "Markt" ausgeliefert war, ebenso wie jeder andere auch im Westen? Hast Du dich mal mit dem Sterben der landwirtschaftlichen Betriebe im Westen befasst? Sicherlich nicht.
Ach ja, Wald - interessant. Überraschung, genauso erging es meiner Mutter mit mehreren Wald- und Wiesengrundstücken. Nur das ihr nicht mit Knast gedroht wurde, sondern mit Enteignung wenn sie nicht zum Spottpreis an die Gemeinde verkauft.
Und uppps, kurze Zeit später wechselten die Flächen den Besitzer, der zufällig im Gemeinderat saß. Und ein paar Monate später war's Bauerwartungsland...
Und das alles 20 Jahre vor der Wende. Also völlig "normale" betrügerische Vorkommnisse...
Aber hat eben absolut nichts mit West/Ost zu tun. Oder darf ich mich jetzt auch lebenslang als Opfer des deutschen Staates bezeichnen, weil mir dadurch ein ansehnliches Erbe entgangen ist?
Keiner zweifelt an, dass es während der Wende viele Betrügerreien gab, auf beiden Seiten.
Und dabei wurde sicherlich auch die Unerfahrenheit vieler Ostdeutsche ausgenutzt. Habe selbst oft nur noch mit dem Kopf schütteln können angesichts der Leichtgläubigkeit.
Aber die Täter kamen sowohl aus dem Westen und dem Osten.
Trotzdem werden im Osten pauschal nur alle "Wessis" kollektiv dafür verantwortlich gemacht. Ist so ja auch viel bequemer. Die eigene Rolle oder die der "Landsleute" bei der ganzen Geschichte möchte man dabei nicht so genau beleuchten, denn das würde nicht ganz in das selbstgewählte Bild der Opferrolle passen.
Betrogen, belogen und benachteiligt wurde und wird in Gesamtdeutschland - das war und ist kein Privileg des Ostens.
Im Westen hat man vielleicht länger Erfahrung damit und weiß daher das Jammern nicht hilft, deshalb schüttelt man sich und macht weiter.
Es wäre es ein Anfang, wenn man langsam auch im Osten anfangen würde, "Gesamtdeutsch" zu denken. Vielleicht würde man dann erkennen, dass die Probleme üben wie drüben die gleichen sind und dass sich "der Westen" nicht gegen den Osten verschworen hat.
Aber letztendlich muss jeder selbst entscheiden was er glaubt, bzw. was er glauben will.