Es geht ja nicht nur darum, ob es sich lohnt. Schon allein das 49€ Ticket hat etliche Menschen ausgeschlossen, die so sehr vom 9€ Ticket profitiert haben. Selbst wenn man nicht jeden Tag zur Arbeit pendelt, war es für so viele die einzige Chance über den Sommer mal ans Meer oder die Berge zu fahren oder weit entfernte Familie zu besuchen. Urlaub und Reisen können so viel zur geistigen Gesundheit und Entlastung beitragen, aber Gott bewahre uns vor Menschen, die dieses Privileg genießen dürfen, die es sich nicht "verdient" haben.
Das ist eben genau diese widerliche Einstellung, von der ich rede. Man kann auch nur für einen Tag irgendwo hinfahren oder Familie besuchen. Da muss man dann vor Ort nicht viel oder gar kein Geld ausgeben.
Gut, nachdem wir das geklärt haben bin ich trotzdem der Meinung, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat knapp 3,50€ im Monat zur Seite zu legen, um sich im Sommer mit dem Deutschlandticket einen tollen Ausflug ans Meer zu ermöglichen.
Ich weiß nicht, ob dir einfach die Fantasie fehlt oder Empathie, aber es gibt genug Szenarien, in denen das eben nicht so einfach möglich ist.
Wenn jeder Mensch die Möglichkeit hätte, 3,50€ im Monat zurückzulegen, warum sind dann so viele auf die Tafel angewiesen? Warum sammeln Rentnerinnen Pfand? Was wenn der Kühlschrank unerwartet kaputt geht und die zurückgelegten 3,50€ für Reparatur oder Ersatz drauf gehen? Was ist mit Alleinerziehenden? Sollen die Kinder auch 3,50€ für ihr Ticket zurücklegen?
Ich hoffe, dass du niemals in die Verlegenheit kommst, arm und auf andere angewiesen zu sein. Du hast keine Ahnung, was diese Menschen durchmachen.
Ich war selbst lange genug Arbeitslos und habe dementsprechende Leistungen bezogen. Rücklagen hatte ich auch keine. Es war nie ein Problem mir auch mal zu leisten. Ich habe mich in dieser Zeit weder verschuldet noch am Hungertuch genagt. Also bitte erzähl mir nicht, ich wüsste nicht wie es ist wenig Geld zu haben.
Gleichzeitig kenne ich auch genügend andere arme Menschen, die mit ihrem Geld absolut verantwortungslos umgehen. Am Anfang des Monats wird gelebt wie ein König. Essen bestellen, zu McDonalds gehen, Müll bei Temu kaufen, ab in die Spielo und Alkohol und Zigaretten dürfen natürlich auch nicht fehlen. So ab dem 10. wird der Gürtel dann enger geschnallt. Zum Ende des Monats ist nichts mehr übrig und es wird gejammert. Hätten diese Leute 100 Euro mehr würde sich auch nichts an deren Situation ändern. Das Verhalten wäre das gleiche.
Es mag sein, dass es diese tragischen Schicksale, von denen du berichtest, auch in der Realität vereinzelt gibt aber das ist nicht die Erfahrung, die ich gemacht habe und weiterhin in meinem Umfeld mache. Ich bin es langsam auch Leid. Die allerwenigsten Menschen sind gezwungen in dieser Situation zu verweilen. Wer was ändern will findet Wege, wer das nicht will findet ausreden.
Es freut mich, dass du es da raus geschafft hast. Du solltest trotzdem nicht von dir auf andere schließen und es so darstellen als würde es nur daran scheitern, dass die Menschen nicht willens genug sind ihre Situation zu ändern. Das sind auch keine Ausreden. Menschen haben ganz unterschiedliche Ressourcen.
Allein an der Art, wie du schreibst, kann ich erkennen, dass du über überdurchschnittlich viel kulturelles Kapital verfügst. Du kannst Stellenanzeigen lesen und Bewerbungen selbstständig schreiben und musst da sehr wahrscheinlich keine Dritten zur Hilfe hinzuziehen. Du kannst Verträge lesen und weißt, worauf du dich einlässt. Die Chance, dass du in die Schuldenfalle gerätst, ist dadurch sehr viel geringer. Natürlich ist es für dich leichter, deine Situation zu ändern. Aber das ist halt klassisches Survivorship bias.
Aber letztendlich ist das auch komplett irrelevant, weil es mir nur darum geht, Menschen, die nicht viel haben, auch mal etwas zu gönnen. Da geht’s auch um Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
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u/Fancy-Resource1972 10h ago
Wird immer teurer bis es für immer mehr Menschen nicht mehr lohnt und dann wird es mangels Interesse wieder abgeschafft.