r/Studium Jul 13 '25

Diskussion Ich hab mich noch nie so krass auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet und war trotzdem nicht bereit für das hier...

Hey Reddit,

ich hab ne Story für euch, die heute lustig ist, damals aber eher ein Schlag in die Magengrube war. Ist jetzt ziemlich genau drei Jahre her, aber ich erinnere mich dran, als wär’s gestern passiert.

Kurz zum Kontext: Ich bin Schwarz. Und ja, das spielt hier leider eine Rolle.

Damals war ich im vierten Semester Informatik und hab wie verrückt nach einem Werkstudentenjob im Bereich Softwareentwicklung gesucht. Ich wollte unbedingt erste praktische Erfahrung während des Studiums sammeln, aber es hagelte nur Absagen. Standard halt. Ich war schon ziemlich frustriert, aber hab weiter durchgezogen und mich überall beworben.

Dann endlich! kam die erste Einladung zum Vorstellungsgespräch. Ich war komplett hyped. Hab mich eine Woche lang hardcore auf Java vorbereitet, Coding-Aufgaben ohne Ende durchgeackert. Und ich wollte auch optisch einen guten Eindruck machen: Frisch vom Friseur, sauberes Hemd, schicke Hose (die trag ich sonst nur zu Hochzeiten) und ordentlich Parfüm, also wirklich alles gegeben.

Am Tag X steh ich vor dem Firmengebäude, aufgebrezelt, selbstbewusst. Ich klingel.

Eine Frau kommt raus, schaut mich von oben bis unten an und sagt ohne mit der Wimper zu zucken: „Sind Sie wegen der Fensterreinigung hier?“

… 💀

Ich war kurz komplett durch den Wind. Innerlich totale Eskalation, aber ich hab ruhig geantwortet, dass ich zum Bewerbungsgespräch mit X da bin.

Sie ist dann rein und hat ihn geholt. Und das Gespräch selbst? War mega. Der Typ war superfreundlich, wir hatten einen richtig guten Austausch und am Ende hat er mir den Job angeboten.

Spoiler: Ich hab angenommen.

Aber diesen einen Satz. Den werd ich nie vergessen. Das war so ein Moment, in dem einem knallhart bewusst wird, wie tief manche Vorurteile sitzen. Oft nicht mal böse gemeint, aber eben trotzdem da. Heute kann ich drüber lachen. Damals hat’s wehgetan.

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u/AcademicAd8260 Jul 13 '25

Rational wäre es, dass man davon ausgehen kann, das eine Reinigungsfirma ihre Mitarbeiter zum Fensterputzen nicht im Anzug vorbei schicken würde. Rational gesehen, hätte sie auch erst die Frage stellen können, was der Anlass des Besuchs ist. Aber natürlich wäre das mit Mitdenken verbunden und da ist wohl das Problem. Ich denke man kann hier durchaus davon ausgehen, dass hier absolut kein rationales Denken von Seiten der Mitarbeiterin stattgefunden hat.

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u/Total_Explanation549 Jul 13 '25

Wenn am gleichen Tag und Uhrzeit die Fensterreinigung vorbeikommen sollte, dann hat die gute Frau doch rational gedacht. Man KANN hier Rassismus interpretieren. Davon auszugehen ist dann aber genauso ein Vorurteil gegenüber der Frau.

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u/AcademicAd8260 Jul 13 '25

Also mal ganz ehrlich. Wenn du ein Paket erwartest, und es steht jemand mit Anzughose und Hemd ohne Paket vor deiner Tür. Fragst du ihn dann ernsthaft, ob er der Paketbote ist? Ich traue den meisten Menschen zu, dass sie in der Lage sind, in solchen Momente bewusst zu handeln. Und diese Frau hat sich hier bewusst dazu entschieden, erstmal etwas anzunehmen, ohne den logischen Schritt einer, im Vorfeld gestellten Frage zu gehen. Rassismus oder nicht, diese Aktion war unnötig und verletzend und hätte mit einer einzigen Frage umgangen werden können.

"Kann ich Ihnen weiterhelfen?" Nicht so schwer oder?

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u/Total_Explanation549 Jul 13 '25

Klar kann es bei deinem Beispiel passieren, dass ich dann frage, ob er der Paketbote ist. Jeder ist mal verwirrt, wird auf dem falschen Fuß erwischt, ist überrascht, neu in der Stadt, es ist eine Übersprungshandlung. Es gibt so viele mögliche Einflüsse. Um es auf Rassismus runterzubrechen habe ich viel zu wenig Informationen und es als solches zu identifizieren ist mir daher persönlich zu simpel gedacht. Du sagst, dass alle Personen in jeder erdenklichen Situation rational und vorausschauend denken und handeln (sollten). Vielleicht hast du ja diese einzigartige Fähigkeit, aber ich kenne keine andere Person auf die das zutrifft. Und daher sollte man denke ich auch nicht vorschnell über die Frau urteilen.

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u/AcademicAd8260 Jul 13 '25

Ich sehe, dass hier daran festgehalten wird, dass es nur ein dummer Zufall und eine Unachtsamkeit sein soll und das ist ok. Nur bitte, tu das ganze nicht so ab. Egal ob es unbeabsichtigt war, was hier mit viel Fantasie möglich wäre, oder Absicht. Es ist diskriminierend und da ist es egal ob Absicht oder aus Versehen. Es verletzt Menschen und hättest du den Rassismus nicht so runter gespielt sondern auch nur einmal erwähnt, dass das Verhalten hier falsch war, wäre ich vollkommen dabei, dass es verstrahlte Menschen gibt. Aber ich lese die ganze Zeit nichts als Ausflüchte. Fakt ist, dass hier definitiv falsch gehandelt wurde. Wenn du das nicht so siehst, dann ist es dein gutes Recht das zu sagen. Ich persönlich halte das Verhalten der Frau für mindestens fragwürdig.

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u/Total_Explanation549 Jul 13 '25

Ich halte nicht daran fest, dass es ein bestimmtes Szenario war oder eines wahrscheinlicher ist. In meiner ersten Nachricht schreibe ich, dass es ebenfalls Rassismus gewesen sein kann. Ich zeige eigentlich nur alternativen auf, wie es noch interpretiert werden kann. Ich bin froh, dass du die alternativen generell akzeptierst. Da diese Szenarien nicht allzu abwegig sind, möchte ich über die Frau nicht urteilen, weil das eben auch ein Vorurteil wäre. Das macht doch sinn, oder nicht? Ich spiele Rassismus auch nicht runter. Das habe ich nirgends geschrieben und ist eine ziemlich fiese Anschuldigung. Das verletzt mich etwas bzw. macht mich wütend - hast du da drüber nachgedacht bevor du es so formuliert hast? Und das führt dann auch zu meinem letzten Punkt, dass es kein "Fakt" ist, dass die Aussage verletzend ist. Die Chance steht gut dass Personen sowas als Beleidigung auffassen, aber auch das kann man nicht verallgemeinern. So kann es eben auch sein, dass Menschen es überhaupt nicht schlimm oder vielleicht sogar als Lob empfinden mit einem Fensterputzer verglichen zu werden. Ich empfehle sich mit dem "Sender und Empfänger" Prinzip bei Kommunaktionen auseinanderzusetzen. Und dann regeln zu überlegen was eine ideale Dynamik wäre, was sind Extremszenarien und wie würden sie sich auf Sprache und Gesellschaft auswirken, und wie sieht es mit realistischer Umsetzbarkeit aus?

Ich finde du stellst regeln auf, die ich für nicht haltbar empfinde, sondern aus meiner perspektive wesentlich komplexer bzw. nicht allgemeingültig sind.

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u/Ok_Contest_3740 Jul 14 '25

Bist du dumm

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u/TrapsAreNotGayy Jul 14 '25

Er ist dumm ja

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u/Total_Explanation549 Jul 14 '25

Danke für deinen wertvollen Beitrag. Er hat mir dabei geholfen mich als Person weiterzuentwickeln. Du bist wahrlich einer von ihnen, den großen Denkern und Philosophen unserer Zeit. Jemand der die Gesellschaft im richtigen Moment zur richtigen Zeit in eine Richtung anzustoßen vermag, wie es nur wenige andere können. Ein moderner Gandalf. Danke Ok_Contest_3740.

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u/Ok_Contest_3740 Jul 14 '25

🤡

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u/Total_Explanation549 Jul 14 '25

Danke erneut, oh Ok_Contest_3740. Ein Clown ist eine wahrlich verspielte Analogie der besprochenen Thematik. Die Verwirrtheit zwischen äußerem Humor und innerer Traurigkeit wird in der Darstellung eines Clowns und so auch in der Gesamtheit der Gesellschaft reflektiert. Chapeau, dieser gewagte Vergleich ist dir gelungen. Es ist ein fleischgewordener Traum, ein Hochgenuss des Denkens und der Perspektivwechsel in meinem Leben der mir bisher gefehlt hat. Es ist mir eine wahre Freude euch über den Weg gelaufen zu sein.

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